Rückständige Diva
Ich gebs auf. Desaster hier, Fremdschämen dort. Meine Wut wandelt sich zusehends in Hoffnungslosigkeit. Wo sind die Optimisten, die jeder Krise etwas Positives abgewinnen können? Ich, für meinen Teil, bin durch mit guten Ratschlägen. Vieles läuft schief in unserem Land und die Chancen sind rar.
Da ist allem voran die Covid-Krise, die unsre Geduld auf eine harte Probe stellt. Wo man hinschaut Impfquoten, prozentualer Anteil von Infizierte, Übersterblichkeitsstatistik, ein Gesetz dagegen, eins dafür. Die Medien sind weltweit voll davon. Ich frage mich manchmal, ob es keine anderen Themen mehr gibt? Stimmt: Die Taliban sind zurück und mit ihnen ihre Gesetze aus der Steinzeit. Auch das, kein Lichtblick.
Daneben stellt der geplatzte Rahmenvertrag ein weiterer Tiefschlag dar. Nach elf Jahren hin und her, wurde in Bundesbern entschieden, die Verhandlungen zu beenden. Man wolle keine fremden Richter anerkennen. Ebenfalls aus Angst vor fremden Vögten, zu Neudeutsch ‘Aliens’ oder ‘Chips-Implantaten’ sträuben sich breite Teile der Bevölkerung sich impfen zu lassen. Wollen aber trotzdem die Schutzmassnahmen nicht einhalten. Viele sehen keine Not, denn die Schweizer haben ein hochentwickeltes Gesundheitswesen.
Doch auch da cul-de-sac. Unser Gesundheitswesen stösst an ungeahnte Grenzen. Und zu unserem Erstaunen zeigen uns die Nachbarstaaten, wie es geht. Sie haben die Nase vorn, weisen tiefe Ansteckungszahlen und hohe Impfraten aus. Sie haben ihre Chance erkannt.
Ernüchterung auch bei unserem verklärten Blick auf die hiesigen Chemie-Giganten. Die Realität zeigt, dass diese Weltkonzerne zwar gerne bei uns tiefere Steuern zahlen, aber wenn es darum geht einen Impfstoff zu erschaffen, «so sorry», krümmen sie keinen Finger. Auch wollte unser Staat nicht in die Entwicklung eines Vakzins investieren und sich nicht in die freie Marktwirtschaft einmischen. Es sind die Nachbarstaaten, die es tun und für uns den Impfstoff entwickeln.
Wir, eine Nation von Freigeistern, gebärden uns im internationalen Vergleich immer öfter als rückständige Diva. Es wäre eine Chance, mit den Herausforderungen der Pandemie zu wachsen, zusammen zustehen und gemeinsam an einer Lösung aus der Krise zu arbeiten. Stattdessen beschäftigen wir uns mit den demokratischen Prozessen und betreiben Nabelschau. Resultat: Tiefste Impfrate in Europa, Spitzenreiter bei den Ansteckungen und eine, für unser überteuertes Gesundheitswesen viel zu hohe Übersterblichkeit. Es ist zum Fremdschämen.
Als wäre es damit nicht genug, sollen wir nun der EU eine Kohäsionsmilliarde zahlen, das sind eintausenddreihundert Millionen Schweizerfranken. Dies um die hochgegangenen Wogen nach dem Beenden der RV-Verhandlungen wieder etwas zu glätten, damit uns Brüssel weiterhin gewogen bleibt. Man stelle sich vor, wie viele Hilfspakete für Ausgesteuerte, Invalidenrenten und Sozialfälle wir hiermit entrichten könnten. Wie viele Frauenrenten-Ausgleichszahlungen oder Projekte für nachhaltige Energie wir damit finanzieren könnten? Ein Traum.
Aber, wir sind keine Träumer, sondern ein Volk von Querdenkern und um diese Eigenart beibehalten zu können, sehen wir es als einzige Chance, sehr viel Geld zu zahlen.